Nein. Wirklich. Verpackungs-Künstler wie Christo und Jeanne-Claude sind sie nicht.
Genau betrachtet müsste man sie in der Regel eher Verpackungs-"Stümper" nennen.
Falls dieses Wort heute noch jemand kennte (sic!):
Die Bauarbeiter und Gerüstbauer. Und all die anderen Handwerker.
Aber sie haben auch nicht viele Jahre Zeit, um sich alle Details zu überlegen,
so wie die beiden weltberühmten Künstler. Die Bauarbeiter haben nicht
die Möglichkeit, jahrelang nach den besten und schönsten Materialien
zu suchen, egal, was das am Ende kostet.
Die heimlichen Helden des Alltags stehen unter dem enormen Zeitdruck
aller gering Verdienenden. Für sie ist die Verpackung nicht das Endprodukt.
Sie erschaffen es nicht, um Bilder davon an Museen und an Millionäre zu verkaufen.
Für die „einfachen“ Arbeiter ist die eilige Verpackung nur ein Mittel zum Zweck.
Die Folien, die Schnüre, die Klebestreifen, die Planen, die Stangen, die Säcke:
Sie sollen etwas abdichten oder befestigen, nicht ästhetischen Kriterien genügen.
Sie sollen die trottelnden Passanten vor Hindernissen warnen oder
vor herabfallenden Teilen schützen. Und vor den chemischen Stäuben,
denen sie selbst permanent ausgesetzt sind.
Häufig werden die Handwerker im Alltag von Problemen überrascht und
dann verwenden sie die Materialien, die ihnen zufällig in die Hände fallen.
Ihre Maxime lautet dann zwangsläufig: „Was nicht passt, wird passend gemacht.“
und: „Die Hauptsache ist doch nicht, dass es gefällt,
sondern dass die ganze Chose irgendwie hält.“
Und die Passanten? Die gehen sowieso vorbei, ohne die Werke
dieser ungewollten Verpackungskünstler zu beachten. Sie sind
viel zu sehr vertieft in die hellen oder finsteren Gedanken
über ihr eigenes Leben und Streben.
Alle Passanten?
Nein! Ein einziger Flaneur mit der Kamera bleibt stehen.
Er schaut genau hin und lächelt, weil er eine ungewollte Ästhetik hier
oder etwas Kurioses dort entdeckt hat. Irgendetwas jedenfalls, was
die Anderen nicht sehen können oder wollen. Worüber sie sich
vielleicht sogar aufregen oder ärgern?
Schauen Sie doch einfach mal mit mir zusammen genau hin.
Zunächst hier, auf meine "vor-gesehenen" Szenen und Arrangements.
Möglich, dass Sie dann in Zukunft auch manchmal stehen bleiben.
Erstaunt? Neugierig? Belustigt? Erfreut? Bewundernd?
Nein, leider. Ich kann es Ihnen nicht voraussagen.
Lassen
Sie sich doch einfach überraschen.
Vielleicht stellen Sie dann - so wie ich - fest, dass das Leben
interessanter und schöner ist, solange es uns überraschen kann.
Eventuell
schauen die Handwerker Sie sehr merkwürdig an, wenn Sie
stehen bleiben und schmunzeln. Genau so, wie sie oftmals mich anblicken.
Wahrscheinlich weil sie sich fragen, was ich für ein Verrückter bin.
Und wenn ich dann laut sage: „Christo hätte es kaum besser gekonnt.“
Dann scheinen sie nur noch stärker irritiert. Vermutlich, weil sie noch nie
in ihrem Leben etwas von Christo und Jeanne-Claude gehört haben.
Eine
gespaltene Welt eben. Allüberall.